Am 04.12. fand unser vorweihnachtliches Tagesseminar in der Josef-Hagn-Halle statt. Wie es sich für einen derart „festlichen“ Termin gehört, gab es auch ein besonderes Thema: Tameshigiri (ためしぎり) – der Schnitttest mit dem Shinken (真剣), einem scharfen Katana. Beim Tameshigiri werden Reisstrohmatten – so genannge Tatami – zusammengerollt, auf einem Ständer befestigt, um dann mit einem scharfen Katana durchgeschnitten zu werden. Dieser Schnitttest dient heutzutage vor allem der Überprüfung der eigenen Schnitttechnik – Kraft ist beim Tameshigiri nachrangig. Im feudalen Japan wurde mittels Tameshigiri auch die Qualität des Schwerts getestet.
Da sich die Tatamimatten nicht von allein aufrollen, begann das Seminar nach einer kurzen Einführung in die Thematik durch Stefan Filus erst einmal damit, dass die zuvor in Wasser eingeweichten Tatami von den Teilnehmern zusammengerollt wurden.
Nach diesem „handwerklichen“ Teil folgte zunächst ein theoretischer Teil von Stefan Steiner, der sich vor allem mit Thema Etikette befasst hat. Etikette ist ein wichtiger Bestandteil japanischer Kampfkünste. Dies gilt umso mehr, wenn – wie bei diesem Seminar – scharfe Waffen im Spiel sind. Insbesondere in diesem Fall ist Etikette nicht bloß „verstaubte Tradition“ oder „romantische Folklore“, wie manch Außenstehender diese vielleicht wahrnimmt, sondern für die eigene Sicherheit und die Sicherheit der anderen Personen im Dojo unerlässlich.
Da das Schneiden der Tatamimatten aber letztliche eine praktische Tätigkeit ist, gab es natürlich auch einen praktischen Teil. Matthias Wolff zeigte uns die korrekte Ausführung eines Suburi (素振り) – der Standard-Schnittübung, die am Ende auch die Grundlage des Schnitts an der Matte bildet. Auch wenn es sich dabei um die Grundübung in unserem Kenjutsu handelt, kann sie nie oft genug wiederholt werden. Daher war es vermutlich für keinen der Anwesenden eine Überraschung, dass im Anschluss an die Erklärung die Suburis auch im Drill geübt wurden.
Bevor die Seminarteilnehmer dann auch wirklich selbst schneiden durften, gab es noch eine letzte Unterweisung von Max Scheungrab, der zum Abschluss noch einen technisch sauberen Schnitttest vorgeführt hat.
Nach den ganzen Vorbereitungen wurde es für alle ernst: jeder durfte selbst mindestens eine Tatami-Matte schneiden. Dabei kann eine Matte mehr als nur einmal geschnitten werden. Wie eingangs erwähnt geht es beim Tameshigiri vor allem um die eigene Schnitttechnik (ein ausreichend scharfes Schwert vorausgesetzt). Es ist daher nicht einfach nur das Ziel, die Matte durchzuschneiden. Wichtig sind auch Aspekte wie z. B. der Schnittwinkel oder die Wiederholbarkeit der Schnitte. Aus diesem Grund ist es durchaus möglich, dass ein Schnitt die Matte nicht durchtrennt, aber dennoch technisch gut ausgeführt wurde. So kann am Ende auch jeder der Teilnehmer guten Gewissens von sich behaupten, den ein oder anderen guten Schnitt ausgeführt zu haben.
Man sollte dabei nicht unerwähnt lassen, dass es für viele das erste Mal war, eine Matte zu schneiden; für manche sogar das erste Mal, ein Metallschwert in der Hand zu halten. Häufigeres Tameshigiri würde daher sicherlich die Schnittfertigkeit verbessern. Bis zur nächsten Tameshigiri-Möglichkeit gilt aber, wie so oft im Bujinkan: selbstständig an den Grundlagen und den eigenen Fähigkeiten arbeiten – auch mit regelmäßigen Suburi. Dann klappt’s auch mit dem Schnitt.
Wie es sich für ein Seminar in der Vorweihnachtszeit gehört, endete der Tag mit unserer Weihnachtsfeier im nahe gelegenen Wirtshaus.
Daniel Mandić