Langsam füllt sich der Bürgersteig vor der Tegernseer Landstraße 302. Ausgelassene Vorfreude und Stimmengewirr erfüllen die Luft. Es ist Keikokai, ein Treffen, bei dem alte Freunde begrüßt und neue Bekanntschaften gemacht werden.
Angehörige der vier Münchner Dōjō kommen an diesem Donnerstag, den 21.04.2022 zusammen, um gemeinsam zu trainieren und den geänderten (vorübergehenden) Standort des Ookami Dōjō einzuweihen. Zwischen dem Schaufester eines Bad-Ausstatters und einem Pizzaservice gehen alle 18 Teilnehmer:innen durch die schwarze Tür und eine Treppe hinunter in den Trainingsraum.
Das Training gibt Shidōshi Maximilian Scheungrab vom Kurome Dōjō. So sollen auch die Schüler:innen, die normalerweise mit Shidōshi Matthias Wolff, Shidōshi Stefan Steiner oder Daishihan Stefan Filus arbeiten, seine Lehrweise kennenlernen.
Um uns mit der neuen Trainingssituation vertraut zu machen – die vor allem durch den rutschigen Boden herausfordert – machen wir gemeinsam einige Kamae. Die Ansage von Max, dass Rollen und Fallen heute nicht geübt werde, findet Anklang.
Das Dōjō ist nicht mit Matten ausgelegt, die den Boden haftender und etwas weicher machen. „An den Bodenkontakt werden wir uns in den nächsten Wochen langsam rantasten“, kündigt Matthias, Leiter des Ookami-Dōjō, an. Es sei eine Umstellung, aber auch eine Gelegenheit, sich realen Bedingungen anzunähern.
Danach geht es ums Ausweichen. Je nachdem, in welchem Winkel man zum Gegner stehen möchte, muss man die Ausweichbewegung anpassen. Kleinschrittig nähern wir uns dann der lchimonji no Kata an. Viel Wert wird hierbei auf Timing, Distanz und die richtige Ausrichtung zum Angreifer gelegt. Die Kata wird früh gelehrt und steht im Schülerhandbuch weit vorne. Dennoch – es ist ein schwieriger Ablauf, bei dem Details wichtig sind, wenn am Ende alles klappen soll. Egal ob bunter oder schwarzer Gurt, neu oder erfahren, die Grundlagen müssen stimmen.
Unter den wachsamen Blicken unserer Lehrer und mit vielen Partnerwechseln arbeitet jede:r daran, die Bewegungsablaufe präziser, effektiver und besser als beim Mal davor zu machen.
Eine zusätzliche Herausforderung ist die Enge im Raum, der mit so vielen Personen plötzlich klein geworden scheint. Jetzt gilt es, den richtigen Abstand zu finden, ohne am Anfang jemandem auf die Füße zu treten und am Ende noch einen Schritt auf den Gegner zu machen zu können. Die wenigen Kollisionen, zu denen es kommt, verlaufen glimpflich, und vielleicht ist das Training schon eine gute Übung für das Takagi-Seminar in Puchheim im Juli, denn die Schule Takagi Yoshin Ryu Jutajutsu beschäftigt sich mit dem Kampf auf engem Raum.
Als Matthias beim Versuch, die Lüftung einzuschalten das Buntlicht anknipst, läutet er schon ein wenig die Feierabendstimmung ein. Doch bevor der Tag im Restaurant nebenan ausklingen darf, sollen sich alle nochmals auf eine Sache konzentrieren und diese verbessern: Gewichtsverteilung, Handhaltung, Hüftdrehung…
Der Erfolg einer Verteidigung steht und fallt mit der Körperhaltung, die ein:e Budoka vor, während und nach der Übung einnimmt.
„It’s all about Kamae!“, erinnert uns Stefan (Filus) mit einem Zitat von Mariette van der Vliet…
Leonora M. / Bujinkan Ookami Dōjō